Auf Anregung des Architekten Jochem Jordan (PAS-Gruppe) beauftrage die Direktion der Landeszentralbank Hessen Horst Gläsker, Ideen zu entwickeln für die zentrale
Halle im Neubau der Landeszentralbank in Frankfurt. Sein Vorschlag war, ein Wandbild für die Stirnwand und davor einen Brunnen aus venezianischem Glasmosaik zu legen.
"Der spiegelt ab das menschliche Bestreben,
Ihm sinne nach, und du begreifst genauer,
Am farbigen Abglanz haben wir das Leben." (Goethe)
"...Wir fassen in diesen Versen die tragende Idee für eine hinreißend visuelle Umsetzung. Gläsker war dem "Faust", wie er bekennt, bisher nur als verordnete Schullektüre begegnet:
"Jetzt, mit 35 Jahren, sollte ich ihn nicht nur lesen, sondern auch etwas damit machen." Er vertieft sich in die Dichtung, und je weiter er eindringt, desto mehr verspürt er die Nähe zur
eigenen, überschwänglichen Bilderwelt, nicht nur zur Lichtführung kosmisch anmutender, bunter Kuppeln, sondern auch zur munteren Population mythologischer Mischwesen, die sich in seinen
Lauben und Liebestempeln ebenso tummeln wie in Goethes "Klassischer Walpurgisnacht". Dem Künstler wird klar, dass er das Drama weder illustrieren noch nacherzählen kann. Bestenfalls
lässt es sich auf seinen innersten Kern zurücknehmen und mit den Girlanden des Dichters und den eigenen verflechten. Er entschließt sich, die Entwicklung Faust weiträumig zu umgehen.
Titelheld, Mephisto, Gretchen, Helena, das komplette weltliche dramatis personae bleiben ausgespart. Gläsker berührt den Text nur, wo er, bildnerisch gestrafft, eine einzige Vision vor
Augen stellen und vielerlei halbgöttliche Umtriebe ausziselieren kann: beim Leitthema "Abglanz" und den hybriden Halbgöttern. Und da es ihm weder an Vorstellungskraft noch an Selbstvertrauen
fehlt, konstatiert er kühn: "Ich muss einen neuen Faust schaffen."
Manfred Schneckenburger, Text zur Grafikmappe: "Am farbigen Abglanz haben wir das Leben..." (Goethe) Horst Gläsker, Wand- und Brunnenmosaik, Deutsche Bundesbank, Hauptverwaltung in Hessen, Frankfurt am Main, 2014
"Der Brunnen, eigentlich ist es eine Wasserlache, eine Pfütze, so wie sie auf Wegen, nach warmen Sommerregen, in Wagenspuren zurückbleibt. Am Rande dieser Pfütze kniest du nieder
und entdeckst, dass es ein Loch im Erdboden ist, und darinnen ist der Himmel mit all seinen Wolkenlandschaften und seiner Unendlichkeit. Die Sonne gibt dem Himmelgebirge Plastizität und
Fülle, und die Spiegelung im Wasser seine unergründliche Tiefe – Himmelsgewässer. Du schwebst hinein. Thales und Nereus, Doriden, Nereiden und Hippokampen tauchen auf und fliegen unter,
bis Poseidon mit seinem Dreizack, wieder für Ruhe sorgt. Und die tiefstehende Sonne scheint wie Feuer im himmlischen Gewässer zu brodeln."
Horst Gläsker, 1988